06.11.2012
Seinen alljährlichen Parlamentarischen Abend veranstaltete der Deutsche Weinbauverband (DWV) in Berlin. Er bot eine gute Gelegenheit, um sich mit Bundestagsabgeordneten und Vertretern des diplomatischen Chors über die aktuellen weinbaupolitischen Themen auszutauschen.
Die derzeitige Situation in der Weinwirtschaft beschrieb DWV-Präsident Norbert Weber in einer Begrüßungsrede zu Beginn des Treffens und nahm zu aktuellen weinbaupolitischen Themen Stellung. Peter Bleser, Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz griff in seinem Grußwort aktuelle Fragen der nationalen Weingesetzgebung und Steuerpolitik sowie insbesondere der GAP-Reform auf. Er machte deutlich, dass in den zentralen, für den Weinbau relevanten Punkten der GAP-Reform, insbesondere bei der Pflanzrechteregelung und den Förderprogrammen, Bundesregierung, Bundestag, Bundesrat und Deutscher Weinbauverband gemeinsame Positionen vertreten.
Die amtierende Deutsche Weinprinzessin, Anna Hochdörffer, eröffnete in einer kurzen Ansprache die Präsentation der Weine aus alten Reben, die mit Bezug auf die aktuelle Pflanzrechtediskussion und das Motto des Abends - „Reben tragen länger als zehn Legislaturperioden“ - ausgewählt worden waren. Stellvertretend für ihre Kolleginnen aus Baden, Franken, Mosel, Rheinhessen und Sachsen, die Weine aus ‚Alten Reben‘ aller deutschen Weinbaugebiete den Gästen vorstellten, machte sie deutlich, dass die junge Winzergeneration mit sehr vielen neuen Ideen und viel Schwung in den deutschen Weinbaubetrieben engagiert sei, ohne dabei Tradition und Nachhaltigkeit aus dem Auge zu verlieren.
Der DWV-Präsident eröffnete seine Rede mit einem Ausblick auf den positiven Verlauf der diesjährigen Weinernte. Er bezeichnete das Ergebnis insgesamt als „Wunschjahrgang“, in der Menge „normal“ (rund neun Millionen Hektoliter) und mit der erfreulichen Aussicht auf hochwertige Qualitäten.
Gleichermaßen zeigte er sich erfreut über die neuesten Weinmarktdaten, die tendenziell eine erhöhte Nachfrage nach deutschem Wein anzeigten. Allerdings warnte Weber davor, auf europäischer Ebene aufgrund der relativ kleinen Ernten in den großen Weinbauländern wie Frankreich, Italien und Spanien, übertriebene Knappheitsmeldungen zu verbreiten und zu Produktionsausweitungen und Produktionssteigerungen aufzurufen. „Von einer umfassenden Mangelsituation sind wir weit entfernt, sonst gäbe es nicht so niedrige Preise für importierte Weine!“, stellte er fest.
Mit dieser Warnung hob der Präsident auch auf die seit mehr als einem Jahr auf EU-Ebene schwelende Diskussion um die Liberalisierung der Pflanzrechte ab. „Die europäischen Weinbauverbände treten hier weiterhin geschlossen für eine Anpflanzpolitik mit Augenmaß ein, denn in die Zeiten der Überschüsse mit millionenschweren Interventionsprogrammen will niemand zurück! In diesem Sinn bekräftigen die europäischen Erzeugerorganisationen, die im Dachverband COPA-COGECA zusammengeschlossen sind, ihre Unterstützung für die Initiative der Weinbau treibenden Mitgliedstaaten nach einer Verlängerung der Pflanzrechteregelung“, erläuterte Weber.
Ein weiterer Themenschwerpunkt bei der Reform der Einheitlichen GMO sind, laut Weber, aus Sicht des DWV die weinbauspezifischen Stützungsprogramme. Hier sei es nach Ansicht des Verbandes von vorrangiger Bedeutung, dass die weinbauspezifischen Stützungsprogramme, wie z.B. Investitionsprogramme, Strukturmaßnahmen, Absatzförderung etc. weiter geführt und mit gleichem Budget wie bisher ausgestattet werden. Der Präsident betonte daher, dass dem Erhalt der Stützungsprogramme höchste Priorität beigemessen werde und ggf. auf ein Einbeziehen der Weinbauflächen in das System der Direktzahlungen verzichtet werden solle. An dieser Stelle verwies er darauf, dass sich der DWV in Ergänzung der bisherigen Instrumente für ein spezielles Steillagenförderprogramm einsetze.
Des Weiteren führte der Präsident aus, dass die Weinwirtschaft mit Sorge die Bestrebungen der EU-Kommission betrachte, im Rahmen der anstehenden Reform der Einheitlichen GMO ihren Einfluss in der Gesetzgebung über das Instrument der „delegierten Rechtsakte“ weiter auszubauen. „Hier gilt es darauf hinzuwirken, dass die wesentlichen Fragen, zu denen auch die Definition der Weinbauerzeugnisse und die Regelung bestimmter önologischer Verfahren, wie die Anreicherung, gehören, in der Entscheidungsbefugnis des Rates und des Europäischen Parlaments verbleiben!“, betonte er.
Im Anschluss an Rede und Grußworte blieb Zeit für Fragen, Diskussionen und Einzelgespräche. Das Präsidium des Deutschen Weinbauverbandes war über die hohe Beteiligung und dem großen Interesse an den aktuellen Fragen des deutschen und europäischen Weinbaus der Bundestagsvertreter sehr erfreut.
„Eine gelungene Veranstaltung, viele gute Gespräche! Wir können nur dann die Interessen des deutschen Weinbaus gegenüber den EU-Behörden erfolgreich vertreten, wenn wir geschlossen in Brüssel auftreten. Deshalb ist es äußerst wichtig, dass die Bundestagsabgeordneten uns den Rücken stärken. Es ist gut zu wissen, dass Bundesregierung, Bundestag, Bundesrat und die deutschen Weinerzeuger an einem Strang ziehen, vor allem was die Pflanzrechteregelung angeht, aber auch bei den anderen Fragen der europäischen Weinbaupolitik! Jetzt gilt es vorrangig, mit den übrigen Mitgliedsstaaten einen Konsens hinsichtlich des Reformvorhabens zu finden. Wir konnten den ‚Parlamentarischen Abend‘ nutzen, um mit Vertretern mehrerer Botschaften in dieser Richtung Gespräche zu führen“, so das Fazit des Generalsekretärs, Dr. Rudolf Nickenig, der auch die deutschen Weinerzeugerinteressen im Brüsseler Dachverband COPA-COGECA vertritt.