18.04.2013
Eine leichte wirtschaftliche Verbesserung bei den Betrieben nach dem an Menge und Qualitäten guten Weinjahrgang 2012 stellte Präsident Hohl fest. Jetzt sei es nach der Neuordnung von Betriebsstrukturen vor allem im genossenschaftlichen Bereich wichtig, die angestrebten Ziele mit aller Konsequenz so umzusetzen, die Betrieb zu stabilisieren und die Versprechungen an die Mitglieder einzulösen. Hohl: „Entscheidend bei allen Strukturveränderungsprozessen ist, dass am Ende mehr Geld in den Taschen der Wengerter bleibt.“
Angesichts der allgemeinen Wettbewerbslage auf dem Welt-Weinmarkt legte Hohl das besondere Augenmerk neben Deutschland und Europa auf den Heimatmarkt: „Württemberg ist nach wie vor unser Hauptabsatzmarkt. Hier müssen wir Flagge zeigen, wenn sich bei uns die ganze Weinwelt tummelt.“ Verkaufsstellen vor Ort zu schließen und vom Kunden zu erwarten, dass er andere Wege zum Weinregal finde, sei nicht die richtige Lösung: „Wirkungsvolle Präsentation über die Region hinaus und der kundennahe Verkauf im Heimatmarkt sind gleichermaßen überlebensnotwendig.
Zur anstehenden EU-Weinmarktreform erklärte Hohl: „Es kann nicht sein, dass die EU vorgibt, wer Trollinger anbauen darf und wo er angebaut werden darf und wie er bezeichnet werden muss.“ Es sei wichtig, Entscheidungsbefugnisse auf die nationalen Bereiche zu übertragen: „Regionaltypische und fachliche Entscheidungen können nur von der jeweiligen Weinbauregion getroffen werden.“
Es ist laut Hohl bereits absehbar, dass zusätzliche Mittel für die Steillagenförderung von der EU nicht zu erwarten sind. Deshalb rief er zur „gemeinsamen Kraftanstrengung“ in dieser „gesamtgesellschaftlichen“ Aufgabe der Erhaltung der Kulturlandschaft auf.
Neue Aufgaben sieht der Weinbauverbands-Präsident bei der Ausgestaltung einer zukunftsorientierten Ausbildung: „Themen wie Qualität und Vermarktung müssen stärker im Fokus einer praxisbezogenen Ausbildung stehen. Duale Studiengänge spielen zunehmend wichtige Rolle.“ Auch neue Vermarktungsstrategien und Tourismusaktivitäten seinen notwendig: „Wir müssen weg vom Monopol Bodensee und Schwarzwald und Württemberg mit dem emotionalen Thema Wein deutlicher nach außen positionieren.“
Der Weinbauverband selbst und das von allen Gruppierungen getragene Weininstitut wollen zehn Jahre nach der Wiederbelebung der Württemberger Weinstraße 2014 den Weintourismus zum praktischen Schwerpunkt machen.
Der Vizepräsident der Versammlung Europäischer Weinbauregionen (AREV), Aly Leonardy, beleuchtete die Themen Anbaustopp und Pflanzrechtesystem unter dem Blickwinkel „Wie geht es weiter in Europa?“. Leonardy: „Die Zeit drängt. Es muss Planungssicherheit geben für alle Winzer, speziell für die Jungwinzer, hergestellt werden. Der von der Kommission inzwischen vorgesehene planmäßige Zuwachs an Pflanzflächen müsse sich „an den Absatzmöglichkeiten orientieren“.
Erklärung der AREV
Sie beglückwünschen sich zu dem bedeutenden Fortschritt, der im Vergleich zu den Vorschlägen der Kommission zum Inkrafttreten der neuen Regelung zu den Pflanzgenehmigungen erreicht worden ist, nämlich erst 2019 und nicht schon 2016, und zur Senkung der Obergrenze der jährlich möglichen neuen Pflanzungen auf 1 %, auch wenn sie sie als noch zu hoch betrachten.
Ausgehend von den europäischen Weinanbauflächen von etwa 3 Mio. ha würde diese Obergrenze alle drei Jahre die Neupflanzung von 100.000 ha ermöglichen, das bedeutet etwa 5 Mio. Hektoliter mehr, während die Kommission gerade erst die Rodung von 160.000 ha in drei Jahren finanziert hat. Im Übrigen ist eine solche Steigerungsrate willkürlich, da man nicht behaupten kann, dass sie durch entsprechende Absatzmöglichkeiten gerechtfertigt wäre. Die AREV erinnert daran, dass sie die Einrichtung einer europäischen Stelle zur statistischen Erfassung für den Weinbau mit Blick auf eine realistischere Lenkung der Produktion vorgeschlagen hat.
Die AREV weist jedoch die Begrenzung der Geltungsdauer des neuen Systems auf sechs Jahre energisch zurück, da der Grundsatz der Regulierung der Pflanzungen sowohl von Kommissar Cioloş (vor COPA-COGECA in Budapest) als auch von den Wein erzeugenden Mitgliedsstaaten und vom Parlament angenommen – und in den Schlussfolgerungen der Hochrangigen Expertengruppe schriftlich festgehalten worden war.
„Die Rückkehr zur vollständigen Liberalisierung der Pflanzungen im Jahr 2025 ist inakzeptabel. Der Anbau von Wein, einer Dauerkultur, erfordert eine dauerhafte Regulierung im ureigensten Interesse der Erzeuger und der Verbraucher“, betont die Leitung der AREV einvernehmlich und wünscht sich dringend substanzielle Verbesserungen bei den trilateralen Verhandlungen.
Ministerialdirigent Joachim Hauck vom Stuttgarter Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz bekräftigte: „Zwischen Land und Verbände passt kein Blatt.“ Er lehnte „Mogelpackungen“ ab und betonte: „Wir müssen vor allem um den Markt vor der Haustür kämpfen.“
Einstimmig wurde von den Mitgliedern dem Vorstand Entlastung erteilt und der Mitgliedsbeitrag pro Hektar von 16 auf 21 Euro erhöht.
Goldenen Ehrennadeln 2013
Von links: WVW-Geschäftsführer Werner Bader, Weinkönigin Nina Hirsch, die Geehrten Bernd Essig, Heiner Pfoh und Bernhard Haag, Präsident Hermann Hohl
Bernd Essig, Vaihingen-Rosswag. Früher Geschäftsführer der WG Roßwag-Mühlhausen eG. Bis 2012 ehrenamtlich als Initiator und Gründungsmitglied bei der Vaihinger Weinmesse, im Backhäusleverein (Steillagensicherung) und im Lembergerverein engagiert.
Bernhard Haag, Markelsheim. 1973 wurde er Verbandsprüfer beim Genossenschaftsverband in Stuttgart. 1975 kehrte er als erster hauptamtlicher Geschäftsführer der Weingärtnergenossenschaft nach Markelsheim zurück. Nach 37 Jahren als Geschäftsführer der Weingärtner Markelsheim eG ging er Mitte 2012 in den Ruhestand. Um den Markelsheimer Wein und um den Weinort Markelsheim hat er sich verdient gemacht.
Heiner Pfoh, langjähriger (seit 1981) Aufsichtsrat und (seit 1990) Aufsichtsratsvorsitzender der Heuchelbergkellerei.
Landrat Helmut Jahn, Präsident des Landkreistages und Landrat des Hohenlohekreises, der dem Weinbau besonders verbunden ist. Er war maßgeblich am Zustandekommen der Gespräche mit den Landräten der Weinbau betreibenden Landkreise in Baden-Württemberg beteiligt. Seine Amtszeit endet im Juni.
Diskussion über die EU-Weinmarktreform mit (von links) Moderator Gerhard Schwinghammer, Aly Leonardy, Hermann Hohl, Jungwinzerin Sarah Hieber (Heilbronn, Oenologenoreis), Ralf Bauerle (Fellbach) und Dr. Konrad Rühl (MLR)
Bericht Heilbronner Stimme 20. April 2013