12.04.2012
Der Weinbauverband Württemberg fordert von der Landesregierung Baden-Württemberg ein konkretes Förderprogramm für terrassierte Steillagen. Präsident Hermann Hohl auf der Mitgliederversammlung am 12. April 2012 in Besigheim: „Wir haben jetzt lange genug über dieses Thema diskutiert. Jetzt sind Entscheidungen mit Perspektiven notwendig.“ Aus Sicht der Weinwirtschaft könnten terrassierte Steillagen nur noch mit Hilfe einer starken direkten Förderung aus Landesmitteln erhalten werden.
Weinbauverbands-Präsident Hermann Hohl
Der Verband hat dazu einen Maßnahmenkatalog aufgestellt, der einen direkten jährlichen Zuschuss zur Landschaftserhaltung für circa 800 Hektar abgegrenzte Steillagen-Fläche in Württemberg und flankierende Maßnahmen wie die Förderung von geeigneten Maschinen, eine Niederlassungsprämie für Jungwinzer, die terrassierte Steillagen bewirtschaften, und verstärkte Forschungen zur Arbeitserleichterung für solche Landschaften beinhaltet.
Hohl: „Wir sind überzeugt, dass die wertvollen Steillagen auf Dauer erhalten werden können. Den Aufwand allein über den Verkauf von Wein zu finanzieren, gelingt uns nicht mehr. Es handelt sich hier um ein gesellschaftspolitisches Problem.“ Das sei auch bei einem Treffen des Verbandes mit dem Landkreistag Baden-Württemberg deutlich geworden. Vertreter verschiedener Landratsämter mit Weinbau hätten sich besorgt um die Zukunft der Kulturlandschaft beim Wegfall des Anbaustopps gezeigt.
Auch beim Thema Wein und Tourismus mahnt Hohl beim Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz ein Gesamtkonzept an. Dort ist der Tourismus in Baden-Württemberg seit der Wahl 2011 angesiedelt. Bisher seien Gespräche eher enttäuschend verlaufen. Hohl: „Unsere Betriebe stehen in den Startlöchern. Sie müssen aber das Gefühl haben, dass es im baden-württembergischen Tourismus mehr gibt als Schwarzwald, Alb und Bodensee. Von einer Dachmarke WeinSüden ist bisher wenig zu spüren.“
In diesem Zusammenhang kritisierte Hohl, dass gemeinsames touristisches Handeln im Land noch zu oft „auf dem Altar der regionalen und politischen Profilierung geopfert“ werde. Der Präsident: „Für uns ist am Arbeitsplatz Weinberg alltäglich Genießerland. Der Weinberg ist bei uns Chefsache. Wir sind nicht nur Süden. Wir leben Süden. Hohl kündigte an, dass die drei Routen Württemberger Weinstraße, der wiederbelebte Radwanderweg und der vom Schwäbischen Albverein gepflegte Weinwanderweg, dessen 25jähriges Bestehen im Mai gefeiert wird, zu „Kernpunkten eines touristischen Vermarktungskonzeptes“ werden sollen.
Zur Vermarkungsstrategie gehört auch die Übernahme der Markenrechte an der renommierten Veranstaltung Artvinum durch die Weinbauverbände Baden und Württemberg. Am 17. Juni 2012 gibt es eine Präsentation an einem „unserer Qualitätsbotschaft angemessen Ort“: Das Neue Schloss in Stuttgart. Sie ist begleitet von einem Wettbewerb „Beste Baden-Württemberger Weine“ und der Verleihung eines Weintourismus-Preises durch die Tourismus-Marketing Baden-Württemberg. Hohl: „Das Land ist unser wichtigster Markt. Hier müssen wir Flagge zeigen, wenn sich bei uns die ganze Weinwelt tummelt.“ Auch die Landesweinprämierung werde durch geeignete Maßnahmen ihre Wertigkeit und die Attraktivität für alle Gruppierungen steigern.
Als weiteren Schwerpunkt nannte Hohl die zukunftsorientierte Anpassung der Bildungsgänge und –wege mit einem Ausbildungszentrum bei der Staatlichen Lehr- und Versuchsanstalt für Wein- und Obstbau in Weinsberg und Ergänzungen mit Duale Studiengängen. Hohl: „Wir müssen unsere Winzerjugend mehr denn je auf die Internationalisierung des Weinmarktes ausrichten.“
Bei den aktuellen Strukturveränderungen insbesondere im Bereich der Genossenschaften erwartet Hohl „weitere Anpassungen“. Entscheidend bei allen Konzentrationsprozessen ist, dass am Ende mehr Geld in den Taschen der Wengerter bleibe. Ab 2014 sollen Betriebsentwicklungspläne für eine Förderentscheidung durch das Land eine größere Rolle spielen.
„Nach wie vor große Sorge“ bereite der Erhalt des Anbaustopps. Hier müssten Land, Bund und Verbände nochmals die Position gegenüber EU-Parlament und -Kommission deutlich machen und mit politischem Druck eine Verlängerung fordern.
Im Blick zurück stellte Hohl fest: „Das Jahr 2011 haben wir trotz schwerwiegender Folgen für den einen und anderen Betrieb vor allem im Taubertal und im Heilbronner Land insgesamt mit einem ordentlichen Herbst, insbesondere was die Qualität betrifft, abschließen können.“
Der Verband selbst hat seit Januar 2011 mit Werner Bader einen neuen Geschäftsführer und wird sich laut Hohl zur Anlaufstelle für alle politisch und praxisrelevanten Fragen rund um den Weinbau weiterentwickeln. Dazu gehöre ein umfassendes Angebot an Informationsveranstaltungen ebenso wie die Schaffung eines „Daches“ für die vielfältigen Jungwinzerinitiativen in allen Gruppierungen.
Ministerialdirektor Wolfgang Reimer vom Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz sagte dem Weinbauverband Unterstützung bei den aktuellen Themen zu: „Wir werden im Wesentlichen die Fördermaßnahmen fortsetzen.“ Für ihn sei klar: „Wir müssen möglichst viel Weinbaufläche erhalten.“
Ministerialdirektor Wolfgang Reimer
Künftige Fördergelder müsse man aber „grün anstreichen“. Zuversichtlich zeigte er sich im Blick auf die EU-Weinmarktreform: Man sei „guter Dinge“, die Mengenregulierung und damit den Anbaustopp bis 2025 erhalten zu können. Baden-Württemberg werde weiterhin alles unternehmen, um den Anbaustopp für Reben möglichst lange zu erhalten.
Dennoch müsse man sich darauf vorbereiten, falls es politisch zur „absoluten Liberalisierung“ komme. Auch im Blick auf die Marksituation müsse überlegt werden: „Wie stellen wir uns auf, um gegen die Konzentration im Handel gewappnet zu sein. Diese Konzentration wird uns zwingen, aktiv zu werden.“ Da die EU Verantwortung auf die Branche und die Erzeuger übertragen wolle, sei die Bildung von Branchenverbänden für jedes Anbaugebiet überlegenswert.
Reimer sagte den Wengertern zu, dass ab 2013 wieder Förderanträge für Mittel aus dem nationalen Weinbudget beantragt werden könnten. Im Moment ist das Verfahren gestoppt, weil die vorhandenen Mittel aufgebraucht sind.
Der Ministerialdirektor lobte die Premiumbetriebe und die Jugendinitiativen: „Die jungen Wilden tun sehr viel für das Image des Landes.“ Wichtig seien für eine sichere Zukunft neue Marketingstrategien. Reimer sprach damit die Chancen im Weintourismus an und betonte: „Nichts ist so wichtig für einen guten Vermarktungserfolg wie eine gute Lage.“ Dazu gehöre auch das Aussehen „unserer Weinkulturlandschaft“.
Insgesamt lobte Reimer die „gute Zusammenarbeit“ mit dem Weinbauverband Württemberg.
Der Tätigkeitsbericht und die Bilanz 2011, die der neue Geschäftsführer Werner Bader vortrug, fanden nach einer kurzen Diskussion über die Beitragshöhe die Zustimmung der Mitgliederversammlung. Insgesamt wurden zahlreiche Themen lebhaft diskutiert.
Geschäftsführer Werner Bader
Weinkönigin Petra Hammer forderte dazu auf "selbstbewusst und geschlossen" nach außen aufzutreten
Ehrung von Gerd Silbernagel mit Präsident Hermann Hohl (links), Weinkönigin Petra Hammer und Geschäftsführer Werner Bader
Ehrung von Wolfgang Sieß durch Weinkönigin Petra Hammer
7 Millionen Euro für frostgeschädigte Betriebe
Der Minister für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz, Alexander Bonde, hat sich am Mittwoch (4. Januar) bei einem Besuch von Weinbaubetrieben im Landkreis Heilbronn, die durch die Spätfröste Anfang Mai 2011 besonders geschädigt wurden, vor Ort von der schnellen Umsetzung der Frostbeihilfe des Landes überzeugt. „Alle Bewilligungsbescheide sind bereits im alten Jahr verschickt worden. Rund 350 der knapp 570 Betriebe haben die Beihilfe bereits erhalten oder werden sie in den nächs-ten Tagen bekommen“, so Bonde in Willsbach (Landkreis Heilbronn). Damit seien zwei Drittel der Frostbeihilfen ausbezahlt. Unerwartet viele Betriebe hätten letztlich einen Antrag auf Frostbeihilfe gestellt. „Dies zeigt, dass es richtig war, dass das Land Mittel in Höhe von sieben Millionen Euro für die Geschädigten bereit gestellt hat. Da-mit können wir sowohl den Nebenerwerbslandwirten als auch den teilweise existenz-gefährdeten Haupterwerbslandwirten schnell und unbürokratisch helfen“, betonte der Minister.