27.02.2013
Landkreise mit Weinbau in Baden-Württemberg und die Weinwirtschaft gehen immer mehr aufeinander zu. Das wurde bei der zweiten Arbeitstagung der Weinbauverbände Baden und Württemberg und Vertretern des Landkreistages Baden-Württemberg deutlich. Das erste Treffen fand 2012 im badischen Durbach statt, das zweite im Ingelfinger Fass im württembergischen Hohenlohe statt. Der Hohenloher Landrat und Präsident des Landkreistages Helmut Jahn bezeichnete das spektakuläre Bauwerk in den Weinbergen als „Geschenk an den Weinbau“.
Von links Evelyn Schmidt (LVWO), Landkreistag-Präsident Helmut Jahn (Hohenlohekreis), Dr. Utz Remlinger (Landkreis Ludwigsburg), Baden Weinbauverbandspräsident Kilian Schneider, Landrat Frank Scherer (Ortenaukreis), Landrat Stefan Dallinger (Rhein-Neckar-Kreis), Prof. Eberhard Trumpp (Hauptgeschäftsführer Landkreistag Baden-Württemberg), Landrat Detlef Piepenburg (Heilbronn), Württembergs Weinbauverbandspräsident Hermann Hohl
In einem „Riesenspannungsfeld“ sieht Württembergs Weinbauverbands-Präsident Hermann Hohl das Bauen im Außenbereich allgemein: „Unsere Betriebe wollen investieren, mit einem zweiten Standbein im Dienstleistungsbereich ihre Existenz sichern und Orte frei machen von belastenden Anlagen.“ Bei Genehmigungen handelten Landkreise und Kommunen aber „uneinheitlich“.
Weinbauverbandspräsidenten Hermann Hohl (Württemberg, links) und Kilian Schneider (Baden, rechts) mit Landkreistags-Präsident Helmut Jahn
Landkreistags-Präsident Helmut Jahn appellierte: „Der Wandel in der Weinwirtschaft ist noch nicht überall nachvollzogen worden. Wir müssen da nachziehen. Wenn wir den Weinbau erhalten wollen, müssen wir den Betriebe eine zusätzliche Chance geben.“
Kritisiert wurde von mehreren Landräten, dass Landschafts-, Natur- und Artenschutz von der Politik sehr hoch gehängt werde, im Fall der Windkrafträder aber keine Rolle spielten. Der Karlsruher Landrat Dr. Christoph Schnaudigel: „Was für Windkrafträder gilt, muss für die Weinwirtschaft auch gelten.“ Dass hier politische Aktivitäten notwendig sind, war einheitliche Meinung.
Dass der Weintourist und Kunde „neue Erlebniswelten“ sucht, stellte Evelyn Schmidt von der Staatlichen Lehr- und Versuchsanstalt für Wein- und Obstbau fest. Weinregionen müssten sich attraktiv und modern präsentieren. Dazu brauche es auch Akteure: „Weinberg allein reicht nicht mehr. Die Gäste wollen den Winzer dahinter erleben.“ Schmidt präsentierte eine beachtliche Reihe positiver Beispiele von der Architektur bis zu Weinerlebnisführern und plädierte für ein „Aufeinanderzugehen“ von Weinwirtschaft und Behörden. Weintourismus bedeute auch „Wertschöpfung für eine Region.“
Wie Weintourismus „schlagkräftiger“ gemacht werden kann, zeigte der badische Weinbauverbandspräsident Kilian Schneider am Beispiel „Badische Weinstraße“ auf. Sie wurde jetzt als „Erlebnismarke“ bei der Schwarzwald Tourismus GmbH in Freiburg angesiedelt. Eine Maßnahme soll die durchgehende Beschilderung sein.
Die gibt es für die „Württemberger Weinstraße“ schon. Trotzdem stellte Weinbauverbandspräsident Hermann Hohl fest, dass im Tourismus „noch wenig zusammenläuft“. Der Heilbronner Landrat Detlef Piepenburg stellte seine Initiative zur Bündelung der touristischen Kräfte in Nordwürttemberg und Nordbaden vor und forderte: „Das Land muss Geld in die Hand nehmen und sich wie Bayern als eigene Destination positionieren.“ Sich nur an Schwarzwald, Bodensee und Schwäbische Alb zu hängen, sei „sehr bequem“. Landrat Frank Scherer vom Ortenaukreis unterstützte als Vorsitzender der Schwarzwald Tourismus GmbH Piepenburgs Position.
Weitere Themen des Treffens waren die Folgen der EU-Weinmarktreform für Weinwirtschaft und Kommunalpolitik vor Ort. Angekündigt wurde eine gemeinsame Resolution der Weinbauverbände und des Landkreistages zur Steillagenthematik.
20. März 2012
„Ingelfinger Resolution“ zum Erhalt des Steillagenweinbaus
„Hilfeschrei“ der Landkreise
Landkreistag und Weinbauverbände haben die Respöution in Ludwigsburg vorgestellt.
Mit einem „Hilfeschrei“ wenden sich die Landkreise in Baden-Württemberg und die Weinbauverbände Baden und Württemberg an die Öffentlichkeit. Das Ziel: Die Erhaltung der „aus touristischer Sicht einzigartigen“ Kulturlandschaft mit Steinterrassen und Steillagen. „Sie legt denkmalhistorisch ein faszinierendes Zeugnis von der Kulturleistung einer jahrhundertelangen Reihe von Weinbaugenerationen ab“, heißt es in einer Resolution, die beim gemeinsamen Treffen in Ingelfingen gefasst wurde.
Der drohende Verlust der Trockenmauern in den Terrassensteillagen Württembergs und Badens „wäre eine Katastrophe für die dort in Jahrhunderten gewachsene Kulturlandschaft“, betonen Landräte und Verbände.
Deshalb sei „eine gesamtgesellschaftliche Anstrengung erforderlich“. „Alle Beteiligten – EU, Bund, Land, Landkreise, Weinbaukommunen, Weinbauverband, Weinbaugenossenschaften, Tourismusverbände, Naturschutz- und Landwirtschaftsbehörden – sind zu einer gemeinsamen Kraftanstrengung aufgerufen“, heißt es deutlich. Der Erhalt der Trockenmauern in Terrassensteillagen müsse als öffentliche Aufgabe gesehen werden.
Gemeinsam mit den Weinbauverbänden bitten die Landkreise das Land Baden-Württemberg deshalb „dringend“ um Unterstützung und nennen konkrete Maßnahmen. So solle unter anderem „auf die landesrechtliche Besonderheit der Ausweisung von Trockenmauern als Biotoptyp im Landesnaturschutzgesetz verzichtet werden“. Konstruktive Lösungen seien über Rebflur-Neuordnungsverfahren und Integrierte Landentwicklungskonzepte möglich. Außerdem gehe es um Direktzuschüsse Steuererleichterungen für Steillagenbewirtschaftung.