14.03.2013
Das Deutsche Weininstitut (DWI) zeichnet in diesem Jahr zwölf neue Höhepunkte der Weinkultur aus, die für das moderne, fortschrittliche "Weinland Deutschland" stehen. In Württemberg sind es das Weingut Wilhelm Kern in Kernen-Rommelshausen und der Winzerhof Gierer in Nonnenhorn
Sie ergänzen die 40 bereits bestehenden Höhepunkte aus dem Jahr 2010, die die lange Tradition und die Geschichte des deutschen Weinbaus repräsentieren.
Eine unabhängige Jury bestehend aus Fachleuten aus den Bereichen Kultur- und Weinjournalismus, Architektur, Kunst- und Baugeschichte sowie des Weinmarketings hat aus über 100 eingereichten Vorschlägen aus allen 13 Anbaugebieten die folgenden zwölf Höhepunkte für eine Auszeichnung ausgewählt:
• Weingut Abril, Vogtsburg-Bischoffingen, Baden
• Press- und Kelterhaus im Weingut Brennfleck, Sulzfeld, Franken
• Winzerhof Gierer, Nonnenhorn, Württemberg
• Vinothek Iphofen, Franken
• Weingut Wilhelm Kern, Kernen-Rommelshausen, Württemberg
• Erweiterungsbau im Weingut Kreutzenberger, Kindenheim, Pfalz
• Weinwerkstatt im Weingut Lubentiushof, Niederfell, Mosel
• Vinothek im Weingut Max Müller I, Volkach, Franken
• Weinreich und Betriebsgebäude der Winzergenossenschaft Sommerach, Franken
• Gästehaus und Weinwerk im Weingut am Stein, Würzburg, Franken
• Vinothek im Weingut Jean Stodden, Rech, Ahr
• Wasems Kloster Engelthal, Ingelheim, Rheinhessen
"Die Jury hat sich die Entscheidung hinsichtlich der Anzahl und Auswahl der auszuzeichnenden Höhepunkte nicht leicht gemacht und sich bei jedem Objekt sehr intensiv mit dem Begriff "Weinkultur“ auseinander gesetzt“, erläutert DWI-Geschäftsführerin Monika Reule den Auswahlprozess. Neben der öffentlichen Zugänglichkeit sei die Qualität der ausgezeichneten Objekte ausschlaggebend gewesen. Ein wichtiges Kriterium war zudem, dass sie sich harmonisch in die regionalen Kulturlandschaften einfügen.
„Die neuen Höhepunkte der Weinkultur 2013 dokumentieren nach Ansicht der Jury in besonderer Art und Weise die „neue“ Kultur im deutschen Weinbau, die von Dynamik, Experimentierfreudigkeit, Weltoffenheit sowie unbedingtem Qualitätsstreben geprägt ist, ohne die eigene Herkunft und die Pflege des Kulturgutes Wein zu vernachlässigen“, führt Reule weiter aus.
Dass fünf der Höhepunkte im Anbaugebiet Franken liegen, sei für sie nicht erstaunlich, da Franken im Bereich „Wein und Architektur“ sicherlich eine Vorreiterrolle in Deutschland gespielt habe. Inzwischen gebe es jedoch in allen Regionen Leuchtturmprojekte, von denen sie sich noch mehr wünsche, um noch mehr und auch neue wein- und kulturinteressierte Menschen zu einem Besuch der Weinregionen zu animieren und für die dort erzeugten Weine zu begeistern.
Die Auszeichnung der ersten Höhepunkte der Weinkultur 2013 wird am 16. April, um 11:00 Uhr, in der Vinothek Iphofen in Franken stattfinden. Die weiteren Auszeichnungen werden dann bei den Betrieben in den Regionen vor Ort vorgenommen.
Ausführliche Portraits der Betriebe, die ausgezeichnet werden, hat das DWI ab sofort auf seiner Internetseite www.hoehepunkte.deutscheweine.de zusammengestellt. Darüber hinaus werden die Höhepunkte der Weinkultur 2013 in die zweite Auflage des Merian-Reiseführers „Genusstouren durch die deutschen Weinregionen“ integriert, der bereits die 40 bestehenden weinkulturellen Höhepunkte ausführlich beschreibt und weitere Tipps für den Besuch der Regionen gibt.
Weingut Wilhelm Kern
Ein moderner Kubus, komplett mit Lärchenholz verkleidet, zieht im Remstal seit 2012 die Blicke auf sich: der Neubau des Weinguts Kern im württembergischen Kernen-Rommelshausen.
Das Besondere: Die Holzfassade ist mit dynamisch geschwungenen Öffnungen durchsetzt, die an die Silhouette einer hügeligen Weinbergslandschaft erinnern. Sie brechen die strenge Geschlossenheit des flachgestreckten Hallenbaus auf und setzen reizvolle Akzente in der ansonsten schlicht gehaltenen Fassade.
„Die Schnörkellosigkeit, die unsere Weine und uns selbst ausmacht, findet sich auch in unseren Räumlichkeiten wieder“, sagen die Bauherren Ulrich Kern und sein Sohn Friedrich. Mit großen, weitgehend ungestörten Flächen wollen sie eine Atmosphäre der Ruhe und Gelassenheit schaffen, in der die Besucher sich auf das Wesentliche konzentrieren können: die Weine der Kellerei.
Die Vinothek ist nach Norden hin ausgerichtet und öffnet sich im Erdgeschoss über die Ecke hinweg mit einer großzügigen Glasfassade. Ein gläserner Innenhof schafft auch innerhalb des Gebäudes eine lichtdurchflutete, freundliche Atmosphäre – ideal zum Verkosten.
Mobile Trennwände ermöglichen es, den Veranstaltungsbereich bedarfsgerecht einzurichten.Keller und Verwaltungsbereich wirken ebenfalls hell und luftig. Im Obergeschoss ist der Wohnbereich untergebracht. „Mit dem Bau des neuen Weinkellers hatten wir die einmalige Gelegenheit, alles individuell auf unsere Bedürfnisse abzustimmen und zu gestalten“, betont Familie Kern.
Gemeinsam mit dem Architektur- und Ingenieurbüro Scheel und lnselsbacher aus Fellbach hat sie ein Raumkonzept entwickelt, das den Erzeugnissen des Weinguts den passenden Rahmen gibt, in dem sie ihren unverwechselbaren Charakter entfalten können.
Nicht weniger wichtig war der Winzerfamilie, eine angenehme Atmosphäre zum Arbeiten zu haben. Denn, so ihre Devise, „Architektur soll in erster Linie den Menschen zugute kommen und nicht zum Selbstzweck werden.“
Winzerhof Gierer, Nonnenhorn, Württemberg
Am sonnenverwöhnten Nordufer des Bodensees, von Reben umgeben, liegt das Weingut Gierer im bayerischen Nonnenhorn. Seit über 300 Jahren widmet sich die Familie dem Weinbau und gibt ihre Erfahrung Generation für Generation weiter.
Um auf der Höhe der Zeit zu bleiben, sind immer wieder Veränderungen notwendig. Darum entschloss sich Winzer Josef Gierer, sein Traditionsunternehmen zu erweitern; einerseits um die Produktionsabläufe zu optimieren, andererseits um ansprechende Räumlichkeiten für die Präsentation seiner Weine sowie deren Verkostung und Verkauf zu schaffen.
Das in Heilbronn ansässige Architekturbüro Mattes Sekiguchi beauftragte er mit dem Entwurf einer Vinothek, die den vorhandenen Holzfasskeller mit einbezog. Das Ergebnis war eine Erweiterung der bestehenden Scheune, die im Rahmen der Bauarbeiten renoviert wurde. Nach Süden, zur Straße hin, erhielt sie einen Anbau, der voll verglast ist und durch eine markant abgewinkelte Natursteinwand aus Valser Quarzit abgeschlossen wird. Dieser unkonventionell gestaltete Eingangsbereich ist die Visitenkarte des Weinguts. Nach Norden hin lenkt die verglaste Rückfront den Blick direkt in den unmittelbar angrenzenden Weinberg. Der unter der Scheune liegende Barriquekeller wird durch ein begehbares Fenster im Fußboden in den Präsentationsbereich mit einbezogen. Nach Süden hin reicht der Blick durch die gläserne Eingansfront über den Bodensee nach Sankt Gallen und zum Säntis.
Für Josef Gierer und seine Frau Renate vereint die neue Vinothek außergewöhnliche Formen, regionale Materialien und umwerfende Ausblicke – nicht nur auf die nahe und ferne Umgebung, sondern auch in den Keller, in dem die Weine des Guts lagern. Einen passenderen Probierraum kann man sich eigentlich nicht vorstellen. Das finden offenbar auch die Besucher. Positive Resonanz erhalten die Gierers jedenfalls nicht nur von Stammkunden, die Architektur zieht auch viele Neugierige an.
„Das Durchschnittsalter der Kunden wird nun deutlich jünger, und es gab Umsatzzuwächse von etwa einem Fünftel pro Jahr“, bestätigt Josef Gierer. Seine innovative Vinothek wurde 2011 mit dem Bayerischen Architekturpreis Artouro ausgezeichnet. Zuvor hatte sie schon den „Architekturpreis Wein 2010“ erhalten.
Die weiteren Höhepunkte der Weinkultur in Württemberg
Kessler in Esslingen: Älteste Sektkellerei Deutschlands
Hier stand die Champagnermarke Veuve Cliquot persönlich Pate: Am 1. Juli 1826 gründete Georg Christian von Kessler in Esslingen am Neckar die erste Sektkellerei Deutschlands.
Weingut Burg Hornberg: Der Götz und das zweitälteste Weingut der Welt
Hier betrieb einst der legendäre Götz von Berlichingen Weinbau: 45 Jahre lang lebte der berühmt-berüchtigte fränkische Reichsritter mit der eisernen Hand auf Burg Hornberg bei Neckarzimmern. Was viele aber nicht wissen: Der durch seine Kämpfe im schwäbischen Bauernkrieg bekannt gewordene Ritter trieb auch Weinbau auf seiner 1517 erworbenen Burg Hornberg, und zwar so erfolgreich, dass er - wie die Annalen berichten - seinen "Neckarwein - Schleckerwein" bis an den Kaiserhof der Donaumetropole Wien verkaufte.
Pfedelbach: Fürstenfass und Herrschaftskelter
In dieser Landschaft markieren Weinkeltern die Wege: Zwischen Öhringen und Pfedelbach standen einst acht Weinkeltern. Sie hießen Pfaffenkelter, Meisenkelter oder Wacholderkelter, die meisten sind verschwunden, doch Keltersteine erinnern noch an sie und ein Wanderweg, der die alten Stätten verbindet.
Weitere Infos www.deutscheweine.de
Fotos: Deutsches Weininstitut