23.04.2013
Die ökologisch bewirtschaftete Rebfläche entwickelt sich hierzulande und auch international mit beeindruckender Dynamik. Wie das Deutsche Weininstitut (DWI) auf der Datenbasis des Forschungsinstituts für biologischen Landbau (FiBL) bekannt gab, wuchs die weltweite Ökorebfläche von 2004 bis 2011 um 172.000 Hektar auf 256.000 Hektar an.
Dies entspricht einem Anstieg von 197 Prozent innerhalb von nur sieben Jahren, beziehungsweise einer mittleren Steigerung von 28 Prozent pro Jahr. In diesen Zahlen sind auch die Flächen beinhaltet, die sich noch in der dreijährigen Umstellungsphase vom konventionellen zum ökologischen Weinbau befinden.
In Deutschland weist der Ökoweinbau für diesen Zeitraum ebenfalls ein deutliches Plus von 176 Prozent auf. Mit 6.900 Hektar wurden 2011 bereits rund sieben Prozent der hiesigen Rebfläche ökologisch bewirtschaftet. Damit liegt Deutschland deutlich über dem Anteil von 3,4 Prozent, den der ökologische Weinbau an der weltweiten Gesamtrebfläche von rund 7,5 Millionen Hektar ausmacht. Für die kommenden Jahre geht DWI-Geschäftsführerin Monika Reule von einem weiteren Wachstum des deutschen Ökoweinbaus aus.
Nach den aktuellen FiBL-Angaben liegt Spanien mit 79.000 Hektar und einem Anteil von 30 Prozent an der globalen Ökorebfläche weltweit gesehen auf Platz 1, gefolgt von Frankreich und Italien. Deutschland nimmt hinter den USA und der Türkei den sechsten Rang ein, wobei die türkischen Reben nahezu ausschließlich für die Tafeltrauben- und Rosinenproduktion genutzt werden.
Öko-Weinbau in Deutschland immer beliebter
Bio boomt – auch im Weinbau: Die Anbauflächen im Öko-Weinbau haben sich von 2006 bis 2011 in Deutschland mehr als verdoppelt. 6900 Hektar Weinberge wurden 2011 mittlerweile ökologisch bewirtschaftet, das entspricht einem Anteil von rund sieben Prozent der Gesamtrebfläche. Prozentual gesehen steht Deutschland damit auch im internationalen Vergleich gut da.
Wie arbeiten ökologisch ausgerichtete Betriebe?
Der Unterschied zum normalen Weinbau liegt insbesondere in der Bearbeitung der Weinberge. Es ist zudem der ideologische Ansatz, der den Unterschied ausmacht – das Ziel, ein ausbalanciertes Ökosystem im Weinberg zu erhalten.
Dies erfolgt ohne den Einsatz chemisch-synthetischer Substanzen, um so die Belastung der Umwelt möglichst gering zu halten. Das beginnt bei der Düngung, wo keine Mineraldünger sondern nur Humus, Kompost oder andere organischen Nährstofflieferanten eingesetzt werden und setzt sich beim Pflanzenschutz fort. Hier werden nur reiner Schwefel und Kupfer gegen den echten und falschen Mehltau eingesetzt.
An Stelle von Schwefel wird in letzter Zeit sogar häufig schon erfolgreich Backpulver (Natriumbikarbonat) verwendet. Außerdem wird versucht mit Pflanzenstärkungsmitteln die Widerstandsfähigkeit der Reben zu erhöhten. Unkräuter im Weinberg werden ausschließlich mechanisch, das heißt ohne chemische Herbizide entfernt.
Um das Bodenleben und die Artenvielfalt in den Weinbergen so aktiv wie möglich zu erhalten werden außerdem alle ökologisch bewirtschafteten Weinberge zwischen den Rebzeilen mit verschiedensten Pflanzen begrünt. Die Umstellung vom konventionellen auf den biologischen Weinbau dauert drei Jahre.
Mit dem Weinjahrgang 2012 gilt erstmals eine neue EU–Verordnung, in der auch der kellertechnische Ausbau von Bioweinen geregelt ist. So wurden beispielsweise für Bioweine die Grenzwerte für die maximalen Schwefelgehalte im Vergleich zu den konventionell hergestellten Weinen leicht abgesenkt.
Daneben wird auf einige Weinbandlungsstoffe verzichtet, einige müssen ökologischen Ursprungs sein und auch der Verzicht auf jede Gentechnik, etwa bei den Hefen, ist vorgeschrieben. Weine des aktuellen Jahrgangs, die nach den neuen Vorgaben produziert wurden, können nun als Ökologischer Wein, Öko-Wein, oder Bio-Wein bezeichnet werden.
Zu erkennen sind sie an dem neuen EU-Gemeinschaftslogo Bio-Weine tragen zudem oftmals die Logos von Verbänden auf dem Etikett, bei denen die Weingüter ihre Produktion nach strengen ökologischen Kriterien zertifizieren lassen können. Im Weinbau sind dies: Ecovin, Bioland, Naturland oder Demeter, bei diesen vier.
Der 1985 gegründete Verband Ecovin ist der größte Zusammenschluss ökologisch arbeitender Weingüter weltweit. Die rund 220 Mitgliedsbetriebe bewirtschaften derzeit allein etwa 1600 Hektar Rebfläche in elf deutschen Anbaugebieten. Insgesamt sind rund 50 Prozent aller Öko-Winzer in Verbänden organisiert. Die übrigen Betriebe haben sich nach der EU-Norm für ökologischen Weinbau zertifizieren lassen.
Es gibt auch innerhalb des ökologischen Weinbaus noch gewisse Abstufungen. Winzer, die „Biologisch-Dynamisch“ arbeiten, versuchen noch zusätzlich unter anderem die Kräfte des Mondes und der Planteten zu nutzen. Die biologisch-dynamisch arbeitenden Winzer berufen sich auf die Lehre des Anthroposophen und –Begründer der Waldorfschulen Rudolf Steiner und erfahren in den letzten Jahren einen relativ starken Zulauf.
Umweltbewusster Weinbau ist in Deutschland Standard
Auch im konventionellen Weinbau gilt beim Pflanzenschutz und der Düngung die Devise „So viel wie nötig, aber so wenig wie möglich“. Viele erfolgreiche Konzepte aus dem ökologischen Anbau haben mittlerweile auch Einzug in den allgemeinen Weinbau gehalten.
Bei der Bekämpfung des wichtigsten tierischen Schädlings im Weinbau, dem Traubenwickler, werden mittlerweile auf über der Hälfte der deutschen Rebflächen – also sowohl im ökologischen als auch im konventionellen Weinbau - Pheromone eingesetzt. Dies sind Sexualduftstoffe des Traubenwickler-Weibchens, die normalerweise die Männchen anlocken – also quasi das Parfüm des Weibchens. Man hat diese Stoffe nun künstlich hergestellt und in diese Ampullen gefüllt. Wenn sie in den Weinbergen ausgehängt werden ist die „Parfüm“-Konzentration sehr hoch und die Männchen sind so verwirrt, dass sie die Weibchen nicht mehr finden. So kann sich der Traubenwickler nicht mehr vermehren und keinen Schaden anrichten.
Benutzen Ökowinzer andere Rebsorten?
Das Rebsortenspektrum der ökologisch arbeitenden Weinbaubetriebe unterscheidet sich nicht sehr wesentlich von den übrigen Betrieben. Man findet bei ihnen jedoch häufiger Rebsorten, die widerstandsfähig gegen Pilzkrankheiten sind. Eine der erfolgreichsten Sorten dieser Art, die umgangssprachlich auch als „Piwi“ bezeichnet werden, ist der „Regent“. Er bringt tiefdunkle, kräftige Rotweine hervor, mit dem Aroma von Kirschen und Johannisbeeren und eignet sich hervorragend als Menübegleiter zu Wildgerichten oder eine Lammkeule. An Weißweinrebsorten findet man mittlerweile recht häufig Neuzüchtungen wie „Solaris“ oder „Johanniter“.
Alles unter Kontrolle
Erzeuger, die ihre landwirtschaftlichen Produkte als Bio-Produkte bezeichnen und vermarkten wollen, müssen sich einem Kontrollverfahren nach der EU-Biowein-Richtlinie unterziehen. Alle zertifizierten Betriebe werden einmal pro Jahr von einer unabhängigen Kontrollstelle überprüft, ob sie die jeweils geforderten Bedingungen eingehalten haben. Bei Zugehörigkeit zu einem Öko-Anbauverband kommt eine weiterführende Kontrolle auf Einhaltung der gültigen, noch strengeren Verbands-Richtlinien hinzu.
Bezugsquellen:
Bioweine sind in Deutschland mittlerweile gut distribuiert. Man findet sie natürlich im ökologischen Fachhandel, aber auch im allgemeinen Weinfachhandel oder Lebensmittelhandel. Selbstverständlich gibt es sie - und das ist immer das größte Erlebnis – direkt beim Winzer oder auch in einigen Winzergenossenschaften, die einen Teil ihrer Rebfläche ökologisch bewirtschaften. Alle Verbände haben eine Liste Ihrer angeschlossenen Betriebe im Internet, und schicken diese sicherlich auch gerne interessierten Weinfreunden zu.